77 Null Sieben
Kunsthaus Köflach, 2007/2008
Die Gruppe 77: Was (wieder) einmal gesagt werden muss
Vor nunmehr 30 Jahren sind Künstlerinnen und Künstler, angeführt von Gottfried Fabian, aus der Grazer Sezession aus- und mit ihren eigenen Ideen unter dem Namen Gruppe 77 in die steirische Kunstlandschaft eingetreten. Das war jetzt keine 180-Grad-Wende in eine andere stilistische oder gar neue kunstideologische Richtung: Es war still (im metaphorischen Sinn) und einfach eine Konsequenz aus langjähriger Beobachtung und Reflexion. Einer Beobachtung des eigenen Tuns wie des Tuns der Anderen. Damit haben sich einige nicht unwesentliche Kriterien künstlerischer Handlungen und Haltungen Raum verschafft und einem sukzessive eingenommenen neuen Standort die Möglichkeit eröffnet, sein Charakteristikum sichtbar zu machen. Von Beginn an hat die neue Vereinigung KunstkritikerInnen und KunstexpertInnen, Kunstverständige und Kunstbegeisterte um sich geschart, um einen erweiterten Gedankenaustausch zu pflegen, den man heute Diskurs nennen würde. Das Reden über Kunst, die Vermittlung von Kunst – sie hatten bereits anfangs einen hohen Stellenwert in der richtigen Meinung, Kunst kann nicht nur das Bild oder die Skulptur sein, sondern auch, vielleicht sogar insbesondere, das von den Werken ausgelöste, jedoch über dieses Zentrum hinaus führende Gespräch. Eine Reihe von Veranstaltungen hat dieser Haltung Rechnung getragen. Neben dem immer wieder angekurbelten internen wie externen Dialog weist die in ihren einzelnen künstlerischen Ergebnissen selbstbewusst inhomogene Gruppe eine weitere, vielleicht noch stärker charakteristische Besonderheit auf: das konzentrierte projektbezogene Konzipieren. Immer wieder finden sich einzelne Mitglieder zusammen, um eine spezifische Installation, eine besondere künstlerische „Anordnung“ auf den Weg zu bringen. Da gab es und gibt es nach wie vor „Motoren“, die solche Aktionen starten und sogar bis zum Ende durchführen. Auf diese Weise löst sich im Gegensatz zu anderen Vereinigungen immer wieder, von Zeit zu Zeit, die statische Form der Gruppenausstellung auf. Da hat dann das wohl überlegte, lange ausgearbeitete Projekt von einigen, von einem oder einer den Vorzug. Das scheint aus Sicht des Kollektivs für alle einen Sinn zu machen und ist möglicherweise auch von außen zu erklären: In den angesprochenen „großen Präsentationen“ bewegen sich die AutorInnen innerhalb zwar präziser, jedoch ebenso allgemeiner Fragestellungen der Kunst und der mit ihr verknüpften Bedingungen und Orte. Das heißt, dass etwa mit der „Auslagerung“ einer Installation aus dem Künstlerhaus neben das Künstlerhaus die Dekonstruktion des White Cube in Form eines um 90 Grad gedrehten Grundrisses aus Stahl auf der grünen Wiese stattgefunden hat (1989); dass Präsentation und Repräsentation von Kunst zur Sprache kommen; dass die 2002 bereits aktuelle blaue Blase des Kunsthauses als Wanderinstallation auf die Architektur wie auf die Struktur des Kunstraums rekurrierte. Mit großem Interesse widmete sich die Gruppe (ausgehend von der Idee einiger) zwei Jahrzehnte dem öffentlichen Raum in dem herausragenden Projekt „Kunst auf Zeit“. Im Sommer konnten Litfasssäulen vom Künstlerhaus bis zum Hilmteich als Kunstträger bespielt werden. Während dieses Zeitraums wurde nicht nur eine große Zahl internationaler KünstlerInnen nach Graz eingeladen, sondern auch den MeisterschülerInnen der Kunstgewerbeschule die Möglichkeit geboten, sich in dieser Kunstform zu erproben. Mit dem in einer konzentrierten Auswahl aufgezeigten Profi l macht die Gruppe 77 deutlich, welches Potenzial auch heute noch in einer KünstlerInnenvereinigung versammelt sein kann, wenn die eingefahrenen Geleise der Lokalbahn verlassen werden, um den Hauptbahnhof anzusteuern.
Text von Werner Fenz
Beteiligte KünstlerInnen:
Peter Janach, Fria Elfen, Lis Gort, Siegfried Amtmann, Luise Kloos, Hans Kuhness, Alois Neuhold, Hans Jandl, Erika Lojen, Erwin Lackner, Heribert Michl, Aurelia Meinhart, Ingeborg Pock, Wolfgang Rahs, Edith Temmel, Werner Schimpl